Das neue Lieferkettengesetz (Sorgfaltspflichtengesetz)
Das neue Lieferkettengesetz (Sorgfaltspflichtengesetz)
Im Februar 2021 einigten sich das Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf den Entwurf für ein Lieferkettengesetz.
Erstmals werden Sorgfaltspflichten für Unternehmen gesetzlich festgelegt, welche vor allem zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen innerhalb globaler Wertschöpfungsketten führen und Umweltstandards festlegen sollen. Auf Grundlage dessen werden Berichts- und Handlungspflichten für Unternehmen und Regelungen über Möglichkeiten zur Klage betroffener Personen geregelt. Das Gesetz wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Hintergrund: Ausschlaggebend für den Vorschlag eines Lieferkettengesetzes war, dass der freiwillige Einsatz von Unternehmen für die Einhaltung der Menschenrechte nicht den gewünschten Erfolg erzielte. Daher soll so eine Unternehmenspflicht und ein verbindlicher Rechtsrahmen zum Schutz von Menschenrechten innerhalb der gesamten Lieferkette geschaffen werden. Die Überlegungen bezüglich der Einführung eines solchen „Sorgfaltspflichtengesetzes“ erfolgten auf Grundlage der „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“, welche im Juni 2011 vom Menschenrat der Vereinten Nationen verfasst wurden und auf folgenden drei Säulen basieren:
- die Pflicht zum Schutz von Menschenrechten,
- die Verantwortung zur Achtung von Menschenrechten,
- den Zugang zu Abhilfe.
Laut Referentenentwurf sollen Großunternehmen künftig verantworten, dass ihre ausländischen Lieferanten soziale und ökologische Mindeststandards einhalten, indem sie ein systematisches Risikomanagement einführen. Dabei müssen sie Risikoeinschätzungen innerhalb der Lieferkette vornehmen und über diese berichten. Potenzielle Risikofelder sind hierbei u. a. Zwangs- und Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstöße gegen Vereinigungsfreiheit, Arbeitsschutz sowie Schädigung von Gesundheit und Umwelt. Des Weiteren sind Präventionsmaßnahmen betreffend dieser Risiken in der Geschäftspolitik zu verankern und im Falle zu ergreifen, um diesen entgegenzuwirken, sie zu minimieren und zu beheben. Z. B. können ausgiebige Klauseln zur Compliance in Lieferverträgen ergänzt werden und vorbehaltene Durchführungen von Auditierungen bei Vertragspartnern vertraglich festgelegt werden. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Abhilfe etabliert und Beschwerdemechanismen eingerichtet werden. Hier wäre bspw. das Einrichten von Whistleblowing-Hotlines möglich. In Bezug auf die Risikoanalyse und Ergreifung von Folgemaßnahmen soll es sich um Bemühungspflichten handeln und das allgemeine Risikomanagement eines Unternehmens nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip erfolgen. Diese Einschätzungen werden auf Grundlage der Art der Geschäftstätigkeit, der Risikowahrscheinlichkeit, wie hoch ein möglicher Schaden ausfallen könnte und dem tatsächlichen Einfluss des Unternehmens innerhalb der Lieferkette vorgenommen. Hinsichtlich der Berichtserstattungspflichten sollen Unternehmen jährlich öffentlich darüber berichten müssen, welche Anstrengungen sie zum Schutz der Menschenrechte und Umweltbeeinträchtigungen unternehmen bzw. unternommen haben.
Die Überwachung zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übernehmen. Im Zuge dessen sind stichprobenartige vor Ort Kontrollen vorgesehen. Auch Beschwerden Betroffener können direkt an das BAFA gemeldet werden.
Adressaten des Lieferkettengesetzes werden vorerst (ab 2023) ausschließlich Unternehmer (Personen- und Kapitalgesellschaften) sein, die in Deutschland ansässig sind und mehr als 3000 Beschäftigte aufweisen. Ab 2024 sollen auch kleinere Unternehmen mit mehr als 1000 MitarbeiterInnen betroffen sein. Derzeit weist nichts darauf hin, dass deutsche Unternehmer für Schadensfälle anderer Unternehmen im Ausland haften, da eine Haftungsregelung bis dato nicht vorgesehen ist. Allerdings soll künftig die Möglichkeit bestehen, dass Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen bei Verstößen gegen Standards in der Lieferkette private Geschädigte vor deutschen Gerichten vertreten. Allgemein gilt gemäß § 823 Abs. 1. BGB, dass allein derjenige, der die Rechtsverletzung tatsächlich begangen hat, zur Haftung herangezogen werden kann. Sanktionen bei Missachtung und Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten sind in Form von Zwangs- und Bußgeldern vorgesehen, welche bis zu 10 % des Unternehmensumsatzes ausmachen könnten. Sollten gegen Unternehmen bereits solche Sanktionen verhängt worden sein, droht ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen von bis zu drei Jahren.
In jedem Falle hat das Lieferkettengesetz starke Auswirkungen auf die Compliance. Sie wird innerhalb vieler Bereiche erweitert, was folglich zu ausgeprägten Auswirkungen auf Compliance-Management-Systeme führt. Damit einhergehend werden entsprechende Audits unerlässlich, um alle ausländischen an der Lieferkette beteiligten Unternehmen und Personen auf Einhaltung der erforderlichen Standards zu überprüfen und Nachweise darüber erbringen zu können.
Der Referentenentwurf soll Mitte März 2021 vom Kabinett verabschiedet werden und noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode beschlossen werden.
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Dr.-Ing. Christoph Pohl
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