Die Erste Beobachtungsliste der für Wasser für den menschlichen Gebrauch bedenklichen Stoffe und Verbindungen


Adressaten: Mitgliedsstaaten und Wasserversorger gem. Art. 2 Nr. 3 Richtlinie (EU) 2020/2184

Am 27. April 2022 wurde die erste Beobachtungsliste für Stoffe und Verbindungen, die für den menschlichen Gebrauch bedenklich sind, mittels Durchführungsbeschluss bekannt gemacht (DBeschluss (EU) 2022/679). Dort werden Stoffe und Verbindungen aufgeführt, die potenziell im Wasser für den menschlichen Gebrauch auftreten und aus Sicht der Öffentlichkeit oder der Wissenschaft in bestimmten Konzentrationen die menschliche Gesundheit schädigen können. Dabei handelt es sich u. a. um Arzneimittel, Stoffe mit endokriner Wirkung und Mikroplastik. Mit der Bekanntmachung wurden die beiden Stoffe, 17-ß-Estradiol und Nonylphenol, in die erste Beobachtungsliste aufgenommen.

Hintergrund: Die Beobachtungsliste wurde auf Grundlage der EU-Trinkwasserrichtlinie (Richtlinie (EU) 2020/2184) erstellt. Diese bildet den rechtlichen Rahmen für den Schutz der menschlichen Gesundheit vor verunreinigtem Wasser. Sie legt dabei Mindestanforderungen an Wasser für den menschlichen Gebrauch fest, um dessen Genusstauglichkeit und Reinheit zu gewährleisten. Übergeordnetes Ziel ist ebenfalls, den Zugang zu derartigem Wasser für alle Mitgliedsstaaten zu optimieren. Als mögliche im Wasser enthaltene gesundheitsschädigende Faktoren werden in der Trinkwasserrichtlinie Parasiten, Mikroorganismen sowie Stoffe und Verbindungen genannt. Die dort geregelten Mindestanforderungen betreffen natürliche Quellwässer und Wasser für den menschlichen Gebrauch, das in Behältnisse abgefüllt und zum Verkauf angeboten oder zur Herstellung, Zubereitung und Bearbeitung von Lebensmitteln genutzt wird. Die Mitgliedsstaaten müssen die Anforderungen der Richtlinie bis zum 21. Januar 2023 in nationales Recht umsetzen.

Bezüglich der Auswahl von Stoffen und Verbindungen, die in die Beobachtungsliste aufgenommen werden, stützt sich die Europäische Kommission besonders auf die Forschungsergebnisse und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Für entsprechende Stoffe und Verbindungen wird ein Leitwert, eine Bestimmungsgrenze und gegebenenfalls eine mögliche Analysemethode, die keine übermäßigen Kosten verursacht, angegeben. Die Bestimmungsgrenze ist gem. der Richtlinie 2009/90/EG ein festgelegtes Vielfaches des Konzentrationswertes, mit dem ein Stoff und eine Verbindung möglichst effizient nachgewiesen werden kann. Sie dient dazu, die Messung des Leitwertes so präzise und kosteneffizient wie möglich durchführen zu können.

17-ß-Estradiol und Nonylphenol werden als erste Stoffe aufgrund ihrer endokrin wirkenden Eigenschaften mit potenziell gesundheitsschädlicher Wirkung in die Beobachtungsliste aufgenommen. Für 17-ß-Estradiol wird ein Leitwert von 1 Nanogramm pro Liter (ng/L) und für Nonylphenol von 300 ng/L festgelegt.

Die EU-Mitgliedsstaaten sind für die Überwachung der Wasserqualität zuständig und müssen diese sicherstellen. Somit sind sie dazu verpflichtet, für in der Beobachtungsliste aufgeführte Stoffe und Verbindungen an bedeutsamen Stellen der Wasserversorgungskette Überwachungsanforderungen bezüglich des potenziellen Vorkommens dieser festzulegen. Wird ein Stoff und eine Verbindung von der Beobachtungsliste in einer den Leitwert übersteigenden Konzentration nachgewiesen, müssen die Mitgliedsstaaten bestimmte Maßnahmen anwenden (Art. 13 Abs. 8 Richtlinie (EU) 2020/2184). Diese Maßnahmen nehmen teilweise die Wasserversorger in die Pflicht. So können die Mitgliedsstaaten Wasserversorger dazu verpflichten, gelistete Stoffe und Verbindungen zusätzlich zu überwachen oder die Aufbereitung von betroffenem Wasser zu optimieren.

Fazit: Wie das staatliche Überwachungssystem für Wasser für den menschlichen Gebrauch im Einzelnen erfolgen wird und zu welchen neuen Pflichten es für Wasserversorger im Detail kommt, ist derzeit noch nicht ersichtlich. Dies wird sich durch die Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie in die nationale Trinkwasserverordnung zeigen. Sicher ist, dass die Europäische Kommission weitere Durchführungsrechtsakte zur Festlegung und Aktualisierung der „Beobachtungsliste der für Wasser für den menschlichen Gebrauch bedenklichen Stoffe und Verbindungen“ erlassen wird. Es ist bspw. geplant, bis zum 12. Januar 2024 die Trinkwasserrichtlinie um die Festlegung einer Messmethodik für Mikroplastik zu ergänzen. Einhergehend mit der Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht bis Januar 2023 sind zudem weitere Rechtsakte in Hinblick auf die Überwachung und Verbesserung der Wasserqualität zu erwarten. Aus denen sich aller Voraussicht nach neue Pflichten für Wasserversorger und einige Unternehmen ergeben werden.

 

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