Entwicklung und Änderungen der Leitlinien und Bewertungsgrundlagen in Bezug auf Trinkwasser

Verbindlich geltende Leitlinien und Bewertungsgrundlagen für Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasserwurden festgelegt.


Adressatenkreis: Die Bewertungsgrundlagen und Leitlinien betreffen Hersteller, Unternehmer und sonstige Inhaber von Anlagen zur Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser. Bewertungsgrundlagen gelten verbindlich, daher müssen Adressaten gemäß dieser laut § 17 Abs. 2 TrinkwV sicherstellen, dass bei der Neuerrichtung oder Instandhaltung betroffener Anlagen nur geeignete Werkstoffe und Materialien verwendet werden. Leitlinien stellen hingegen unverbindliche richtungsweisende Anhaltspunkte bzw. Empfehlungen dar.

Im Dezember 2012 wurde das Umweltbundesamt (UBA) im Rahmen der 2. Änderung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) dazu verpflichtet, Bewertungsgrundlagen (BWGL) für Materialien und Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser zu erarbeiten und rechtlich festzulegen. Diese Bewertungsgrundlagen gelten im Unterschied zu den bis dato vom UBA veröffentlichten Leitlinien gemäß § 17 Abs. 3 TrinkwV zwei Jahre nach Festlegung verbindlich. Ab diesem Zeitpunkt dürfen ausschließlich mit den Bewertungsgrundlagen konforme Werkstoffe und Materialien für die Errichtung oder Instandhaltung von Anlagen zur Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser genutzt werden. Zukünftig werden weitere Leitlinien in Bewertungsgrundlagen überführt werden. Zudem wird in absehbarer Zeit eine neue Trinkwasserverordnung und damit einhergehend neue Bewertungsgrundlagen festgelegt werden. Grund dafür ist die im Januar 2021 in Kraft getretene Neufassung der Trinkwasserrichtlinie (Richtlinie (EU) 2020/2184), welche die EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet die neuen Regelungen innerhalb der nächsten zwei Jahre in nationales Recht umzusetzen.

Die durch das UBA aufgestellten Bewertungsgrundlagen konkretisieren wasserhygienische Anforderungen an spezifische, innerhalb der Trinkwasserversorgung verwendete, Werkstoffe und Materialien. So soll sichergestellt werden, dass keine unerwünschten Substanzen in das Trinkwasser abgegeben werden, die die Ausbreitung von Schadstoffen und Mikroorganismen, bspw. Krankheitserregern, fördern und die Verbraucher unbedenklich Wasser aus der Leitung zu sich nehmen, sowie Schäden der menschlichen Gesundheit ausgeschlossen werden können.

Derzeit bestehen Bewertungsgrundlagen für metallene Werkstoffe, Emails und keramische Werkstoffe sowie für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser. Für zementgebundene Werkstoffe regelt derzeit das DVGW Arbeitsblatt W 347 die Prüfung und Beurteilung, welches zudem eine Positivliste betreffend diese Werkstoffe enthält. Die Liste wird künftig nicht fortgeschrieben, da mit Inkrafttreten der neuen Trinkwasserrichtlinie am 12. Januar 2021 europäische Positivlisten für Werkstoffe und Materialien im Kontakt mit Trinkwasser eingeführt wurden. Übersteigen Werkstoffe in Bezug auf den Zementgehalt den Anteil der organischen Komponenten von 25 %, werden diese nach der Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-BWGL) beurteilt.

Die KTW-BWGL gilt seit dem 21. März 2021 verbindlich. D. h. seitdem dürfen ausschließlich auf der dort enthaltenen Positivliste aufgeführte organische Materialien für die Neuerrichtung oder die Instandhaltung von Anlagen zur Trinkwasserversorgung verwendet werden. Vorerst regelt sie nur die Materialarten Kunststoffe, Beschichtungen und Schmierstoffe. Silikone, Elastomere, thermoplastische Elastomere (TPE) sowie Multilayer (mehrschichtige Produkte, deren Kontaktschicht mit Trinkwasser aus einem der drei genannten Materialien besteht) werden derzeit nicht von ihrem Anwendungsbereich erschlossen. Elastomere werden aktuell noch über die Elastomerleitlinie geregelt. Für Silikone und TPE gelten Übergangsempfehlungen. Das UBA plant die Materialarten Elastomere und TPE am 1. Januar 2022 mit der Festlegung der 3. Änderung KTW-BWGL in ihren Anwendungsbereich mitaufzunehmen. Alle Ergänzungen der Bewertungsgrundlage gelten zwei Jahre nach der Veröffentlichung, also voraussichtlich ab Januar 2024, verbindlich.

Silikone sollen weiterhin nicht von der KTW-BWGL erfasst werden und werden derzeit von einer separaten Übergangsempfehlung geregelt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll auch diese Übergangsempfehlung und die darin enthaltenen unverbindlichen trinkwasserhygienischen Anforderungen KTW-BWGL überführt werden. In Bezug auf die Beurteilung von Herstellungsrezepturen von organischen Materialien und zur mathematischen Abschätzung der Einzelstoffmigration dieser können, ergänzend zu den bestehenden Leitlinien, Übergangsempfehlungen und Bewertungsgrundlagen, die Geringfügigkeits- und Modellierungsleitlinie herangezogen werden. Sie dienen als Hilfestellung und werden nicht in eine verpflichtende Rechtsform übernommen.

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