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Photovoltaikpflicht – Wer ist betroffen?

Photovoltaikpflicht – Wer ist betroffen?

Photovoltaikpflicht – Wer ist betroffen?


Adressatenkreis: Bauherren von Wohn- und Nichtwohngebäuden, offenen Parkplätzen und Hauseigentümer von Bestandsgebäuden (vornehmlich bei grundlegenden Dachsanierungen)

Der Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem der Solarenergie, spielt eine wesentliche Rolle dabei den kürzlich verschärften nationalen Klimaschutzvorgaben gerecht zu werden und die Klimaneutralität bis 2045 erreichen zu können. Bis zum Jahre 2030 sollen 65 Prozent des Energieverbrauchs mit erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Seit 2020 haben bereits viele Bundesländer ihre Gesetze und Verordnungen an die nationalen Vorgaben angepasst und eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung oder solarthermischer Anlagen zur Wärmeerzeugung auf Gebäuden in ihnen verankert. Der Adressatenkreis sowie der Umfang dieser Verpflichtungen und der Nachweisverfahren über die Erfüllung der Pflichten unterscheiden sich dabei deutlich. In den meisten Fällen betreffen die Regelungen bislang jedoch gewerbliche Bauvorhaben und Bestandsgebäude.

Hintergrund: Am 18. August 2021 wurde die Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) vom Bundestag beschlossen und trat am 31. August in Kraft. Grundlage der Novellierung war einerseits der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts, dass einige Regelungen des KSG verfassungswidrig waren, andererseits soll somit die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben und der UN-Klimarahmenkonvention gewährleistet und der existenziellen Bedrohung durch die Auswirkungen des weltweiten Klimawandels angemessen entgegengewirkt werden.

Hamburg führte im Dezember 2020 im Rahmen der Klimaschutz-Umsetzungsverordnung als erstes Bundesland eine Photovoltaikpflicht für alle Neubauten und Bestandsgebäude ein. Diese Pflicht greift für Neubauten mit Baubeginn nach dem 1. Januar 2023 und für Bestandsgebäude ab dem 1. Januar 2025 und nur bei grundlegenden Dachsanierungen. In der Verordnung sind Ausnahmeregelungen vorgesehen, bspw. bei technischer Unmöglichkeit oder besonderer Unwirtschaftlichkeit. Bestandsgebäude, deren Restnutzungsdauer unter 20 Jahren liegt, sind ebenfalls von der Pflicht ausgenommen. Eine Mindestgröße für Photovoltaikanlagen wird in Hamburg nicht vorgeschrieben. Bauherren bzw. Eigentümer müssen der zuständigen Behörde innerhalb von 12 Monaten nach Fertigstellung des Bauvorhabens einen Nachweis über die Erfüllung der Pflicht erbringen. Dabei wird nicht zwischen privater und gewerblicher Nutzung unterschieden.

In Berlin tritt am 1. Januar 2023, das im Juni 2021 beschlossene „Solargesetz Berlin“ in Kraft, welches ebenfalls eine ab diesem Zeitpunkt geltende Photovoltaikpflicht für Neubauten und Bestandsgebäude (bei grundlegender Dachsanierung) aller Art regelt. Von der Pflicht ausgenommen sind u. a. Gebäude mit weniger als 50 Quadratmetern Nutzungsfläche und Gebäude, deren Dach für eine Solarnutzung ungeeignet ist. In Berlin ist im Gegensatz zu Hamburg eine Mindestgröße für solarthermische Anlagen geregelt, diese müssen mindestens 30 Prozent der Dachfläche umfassen. Alternativ kann die Installation der Anlagen auch auf Außenfassaden vorgenommen werden. Bauherren bzw. Eigentümer müssen die Erfüllung der Pflicht auf Anfrage der zuständigen Behörde nachweisen.

Baden-Württemberg hat sich in dem im Oktober 2021 in Kraft getretenen novellierten Klimaschutzgesetz das Ziel gesetzt, die Klimaneutralität bereits 2040, also fünf Jahre schneller als der Bund, zu erreichen. Auch hier wurde kürzlich mit der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung die Photovoltaikpflicht ausgeweitet und verschärft. Bisher galt diese nur für Neubauten von Nichtwohngebäuden mit Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. Januar 2022 und wurde nun auf den Neubau von Wohngebäuden ab 1. Mai 2022 sowie auf grundlegende Dachsanierung von Bestandsgebäuden ab 1. Januar 2023 erweitert. Darüber hinaus muss künftig beim Neubau eines für Solarflächen geeigneten öffentlichen Parkplatzes ab einer Größe von 35 Stellplätzen (vorher 75) eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung installiert werden. Innerhalb der Verordnung werden Mindestanforderungen an Dachflächen und Parkplätze bezüglich der Eignung für eine solarthermischen Nutzung definiert und Ausnahmeregelungen, bspw. bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit, geregelt. Bauherren bzw. Eigentümer müssen der zuständigen Behörde innerhalb von 12 Monaten nach Fertigstellung des Bauvorhabens einen Nachweis über die Erfüllung der Pflicht erbringen.

Der Umweltminister von Schleswig-Holstein legte dem Kabinett im Februar einen Entwurf zur Änderung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes vor. Dieses soll eine Photovoltaikpflicht enthalten und noch im Herbst 2021 beschlossen werden und vor der Landtagswahl 2022 in Kraft treten. Betroffen von der Pflicht sollen ausschließlich Neubauten von Nichtwohngebäuden sein oder eine Renovierung bei mehr als 10 Prozent der Dachfläche vorgenommen wird. Auch neu errichtete Parkplätze ab einer Stellplatzfläche von 100 sind dann zur Installation von Photovoltaikanlagen verpflichtet.

In Nordrhein-Westphalen wurde im September 2021 die Landesbauordnung reformiert und ab 2022 eine Photovoltaikpflicht für offene Gewerbeparkplätze ab 35 Parkplätzen eingeführt. Ausnahmen stellen hierbei u. a. Parkplätze dar, die unmittelbar entlang der Fahrbahnen von öffentlichen Straßen verlaufen. Eine weitere Neuerung, die jedoch nicht verpflichtend ist, ist die Möglichkeit die Kranflächen vor Windenergieanlagen mit Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung zu bestücken.

Auch in Niedersachsen wurde die Bauordnung geändert. Der Landtag beschloss diese am 9. November 2021 und sie wird am 1. Januar 2022 in Kraft treten. Auf größeren Dächern von Gewerbebauten, ab 75 Quadratmetern, wird es demnach eine Photovoltaikpflicht geben. 50 Prozent der betroffenen Dachflächen müssen mit entsprechenden Anlagen ausgestattet werden, zudem muss die Standsicherheit von Gewerbeneubauten so bemessen werden, dass diese geeignet für die Installation der Anlagen ist. Für Wohngebäude gibt es künftig eine Vorsorgepflicht, bei ihrer Planung muss eine Eignung für die Installation von Photovoltaikanlagen berücksichtigt werden.

Die bremische Bürgerschaft entschied im Juni 2020 mit einem Verordnungsbeschluss Bremen und Bremerhaven zu „Solar Cities“ zu machen. Ziel ist bis 2030 auf allen Dächern Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung oder solarthermische Anlagen zur Wärmeerzeugung zu installieren. Es ist noch nicht klar, wann die Verordnung in Kraft tritt, aber geplant ist vorerst eine Photovoltaikpflicht für Neubauten aller Art. Diese soll dann schnellstens auf Bestandsgebäude bei grundlegender Dachsanierung ausgeweitet werden und im letzten Schritt auch auf überdachte Parkplätze, Fassaden und Freiflächen.

Am 15. November 2021 hat das Kabinett in Bayern die Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Eine Photovoltaikpflicht für Gewerbegebäude ist vorgesehen sowie der Bau von Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen. Wann die Novelle in Kraft treten wird und welche Regelungen genau enthalten sind ist noch unklar.

Derzeit ist auch eine bundesweite Solarpflicht wieder Thema. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen legte am 24. August 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden (Solaranlageausbaubeschleunigungsgesetz – SolarBeschlG) vor. Laut diesem sollen Eigentümer von Neubauten ab Mitte 2022 dazu verpflichtet werden Photovoltaikanlagen zu installieren und betreiben. Bei grundlegenden Dachsanierungen sollen auch Eigentümer von Bestandsgebäuden in die Pflicht genommen werden. Zudem greift auch die Ampel-Koalition die bundesweite Solarpflicht ihn ihrem Sondierungspapier auf, worin es heißt, dass künftig alle geeigneten Dachflächen solarenergetisch genutzt werden sollen. Dies soll für gewerbliche Neubauten verpflichtend und für private die Regel werden. Des Weiteren heißt es, dass diesbezüglich auf bürokratischer Ebene Hürden abgebaut und neue Wege eröffnet werden sollen, um private Bauherren finanziell nicht zu überlasten.

Bauherren von Neubauten und Parkplätzen sowie Eigentümer von Bestandsgebäuden sollten unbedingt zeitnah prüfen, ob eine Photovoltaikpflicht in ihrem Bundesland für sie besteht bzw. welche Verpflichtungen für sie gelten und sich über mögliche Nachweisverfahren zur Erfüllung dieser Pflichten informieren.

In naher Zukunft ist zu erwarten, dass weitere Bundesländer eine Photovoltaikpflicht einführen werden oder vorab eine bundesweite Regelung diesbezüglich beschlossen wird.

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